Digitalisierung und die unbewusste Macht der Online-Erreichbarkeit
Digital Detox oder immer online: Wie gehen Sie damit um?
Xing, Facebook, Instagram, Linkedin, Online-Nachrichten. Das sind nur ein paar der Gründe, um mit gesenktem Blick aufs Handy in der Hand durch das Leben zu gehen. Zusätzlich gibt es Digitalisierung sei Dank vielfältige Kommunikationsmöglichkeiten, von WhatsApp über E-Mails und Messengerdienste, die es schnell und von quasi überall aus ermöglichen, erreicht zu werden und zu erreichen. Dabei war noch gar keine Rede von der Zeit mit Rechner oder Laptop im Büro, zur Bearbeitung seiner Arbeitsaufgaben. Wie viel Zeit schätzen Sie, dass Sie täglich vor großen und kleinen Bildschirmen verbringen? Oder – anders gefragt – wie würde es Ihnen dabei gehen, mehrere Tage ohne Handy oder Tablet, ganz frei von Digitalisierung zu verbringen? Würde Ihnen etwas fehlen?
Digitalisierung als Zeitfresser
Vielleicht haben Sie schon etwas von Digital Detox gehört. Dies ist ein Gegentrend zur stetig steigenden Onlinezeit und Digitalisierung der Umwelt. Denn Studien zeigen, dass immer mehr Menschen immer mehr Zeit online verbringen. Bereits Jugendliche sind lt. einem Bericht im Standard massiv betroffen – bereits 22 Stunden wöchentlich beträgt die Onlinezeit von 12- bis 25-jährigen, ohne Studien- und Lernzeiten. Aber auch vor Erwachsenen macht der Trend der Digitalisierung keinen Halt. Sie verwenden das Smartphone durchschnittlich 2,5 Stunden pro Tag.
Mit dem Anstieg des Angebots praktischer, cooler oder kreativer Apps und Plattformen stieg auch die Nutzungszeit in den letzten Jahren rasant. Das Smartphone hat sich durch die Digitalisierung als ständiger Begleiter etabliert. In der Früh vor dem Frühstück, am Abend beim Bettgehen, dazwischen bei Wartezeiten oder wenn in einem Gespräch ein Begriff nicht gleich einfällt. Wenn man eine Anfahrt zu einem bestimmten Standort über Google Maps sucht, seine Treffen in Gruppengesprächen bei WhatsApp oder über Doodle plant, schnell noch eine Nachricht schreibt oder zum Entspannen einen Film bei Netflix schaut, während man noch schnell etwas bei Amazon bestellt – oder lieber beim kleinen spezialisierten Onlineshop. Nur kurz nachschauen wird schnell zur Kaskade an Klicks und einer Kumulierung an Zeit. Up-to-date sein bei Nebensächlichkeiten raubt Zeit – sei es Freizeit oder manchmal auch Arbeitszeit. Und die Reizüberflutung der Digitalisierung reizt zusätzlich.
Diesen Zeiträubern der Digitalisierung gebieten manche nun Einhalt. Die Gegenbewegung zu den oben beschriebenen Trends nennt sich Digital Detox. Der moderne Begriff Detox bedeutet Entgiftung, größtenteils im gesundheitlichen Bereich. Gesund ist es auch, sich etwas von der Digitalfixierung zu lösen, und so hat diese digitale Entgiftung zum Ziel, die Onlinenutzung zu reduzieren, vor allem um die Umgebung und Umwelt wieder bewusster wahrzunehmen. Der Drang zur ständigen Erreichbarkeit ist oft schon sehr ausgeprägt, sodass bewusst Schritte gesetzt werden müssen, um die Digitalisierung und den Gebrauch Ihrer Möglichkeiten zu reduzieren. Suchtverhalten – also eine Art Unruhe, Nervosität oder gar Angst, wenn das Gerät nicht dabei ist – das sich bei vielen bemerkbar macht, soll reduziert werden. Paradoxerweise gibt es sogar Apps, die dafür entwickelt wurden. Aber auch Seminare, Themenurlaube und Camps widmen sich dem Thema: Ein neuer Geschäftszweig gegen die Digitalisierung blüht auf.
Fernab von diesen meist teuren Angeboten ist es „eigentlich“ ganz leicht, selbst den Beitrag zu weniger Digitalisierung im Alltag zu leisten. Haben Sie probiert, wie es sich anfühlt, das Smartphone daheim zu lassen? So einfach wäre es. Aber wie können Sie Bescheid geben, wenn doch etwas dazwischenkommt? Ja, wenn man das Handy nur dafür nutzen würde. Und wenn man nun zehn Minuten zu überbrücken hat? Dann kann man Land und Leute beobachten, wie früher, ohne Digitalisierung.
Ständig geht das kaum, dazu hat man zu viel zu tun (beispielsweise schnell ein paar Belege in einem praktischen Buchhaltungstool buchen), aber manche Bereiche kann man sich schaffen. Einige Tipps für einen bewussteren Umgang mit Ihrer Onlinezeit geben wir Ihnen noch:
- Schaffen Sie handyfreie Bereiche in den Wohnräumen. Lassen Sie das Smartphone beispielsweise außerhalb des Schlafzimmers, so verhindern Sie gleich, morgens und abends drauf zu schauen. Und das Diskussionsthema Strahlung wird gleich minimiert.
- Legen Sie Tage oder Halbtage jenseits der Digitalisierung fest: Tage, an denen Sie das Handy nicht oder nur für Telefonate verwenden. Widerstehen Sie der Versuchung, immer „nur nachzuschauen“.
- Definieren Sie Ihre Regeln selbst. Checken Sie Ihre Mails nur zweimal am Tag zu fixen Zeiten statt fünfzehnmal und unregelmäßig.
- Überlegen Sie sich Alternativen ohne Smartphone und üben Sie diese regelmäßig aus: Vielleicht eine Laufrunde, eine interessante neue Freizeitbeschäftigung oder Weiterbildung bzw. ein Buch, während Sie das Handy in einem anderen Raum liegen haben.
Wie Sie sich die Zeit auch gestalten – wenn Sie und Ihr Umfeld zufrieden damit sind und es Ihnen gut dabei geht, ist es richtig. Wir empfehlen, den Handy-vergessen-Test zu machen und sich Ihrer Reaktion unter dem Einfluss der Digitalisierung bewusst zu werden. Wir fanden es spannend! Digitalisierung mal anders. Wie lief es bei Ihnen?
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